Caliber Stories
Produziert von chronos für Grand Seiko

Das lang erwartete Handaufzugskaliber 9SA4 mit 10-Beat-Werk, das die Sinne anspricht
Vol.2: Uhrwerk

Eine Grand Seiko SLGW002/003 mit erhöhtem sensorischem Wert

Eine Grand Seiko SLGW002/003 mit erhöhtem sensorischem Wert

In den späten 1960er Jahren setzte Grand Seiko mit seinem Hi-Beat-Werk neue Maßstäbe für die Präzision mechanischer Uhren. Ein halbes Jahrhundert später erreicht Grand Seiko mit seinem neuen Uhrwerk, dem Kaliber 9SA5, eine revolutionäre Hochpräzision. Einzigartige Mechanismen wie die Grand Seiko Free Sprung und die Doppelimpulshemmung wurden auf maximale Präzision ausgelegt. Das mechanische Kaliber 9SA4 mit Handaufzug ist die neueste Ergänzung der Linie. Obwohl es auf dem 9SA5 basiert, wollte das Entwicklungsteam von Grand Seiko das neue mechanische Kaliber mit Handaufzug noch robuster und komplexer als das 9SA5 ausfallen. Das 9SA4, mit dem die SLGW002 und 003 ausgestattet sind, sollte nicht nur eine hohe Leistung erzielen, sondern auch einen Dialog mit der Uhr schaffen.

  • Foto: Eiichi Okuyama
  • Interview und Text: Masayuki Hirota (Chefredakteur von Chronos Japan Edition)

Ein Uhrwerk mit Fokus auf Handaufzug-Gefühl

Bei Handaufzugswerken ohne Automatikmechanismus muss die Triebfeder bei jeder Benutzung durch eine Krone aufgezogen werden. Als mechanische Armbanduhren immer beliebter wurden, wurden daher viele Uhrwerke mit einem Automatikaufzug bestückt, der die Triebfeder durch die Drehung eines Rotors aufzieht. Die Grand Seiko bildet da keine Ausnahme: Die Wiederbelebung des Handaufzugs, der bis in die 1970er-Jahre Standard war, musste bis 2001 warten.

Das Cal. 9SA5 setzte dabei für Grand Seiko neue Maßstäbe. „Als dieses Kaliber entwickelt wurde, gab es bereits Pläne, ein Handaufzugswerk hinzuzufügen“ sagt Kohei Egashira, Leiter für Produktentwicklung bei Grand Seiko. In Anbetracht der Tatsache, dass in den 1960er Jahren auch Uhren mit Hi-Beat-Handaufzugswerk internationale Anerkennung fanden, wäre es für das Entwicklungsteam naheliegend gewesen, ein Handaufzugswerk auf der Grundlage des Cal. 9SA5 mit hoher Ganggenauigkeit zu entwickeln. Das Entwicklungsteam wollte jedoch nicht nur ein Uhrwerk schaffen, bei dem schlicht der automatische Aufzugsmechanismus des Kalibers 9SA5 wegfällt. Bei einer Grand Seiko ist hohe Präzision natürlich ein absolutes Muss. Der wahre Grund für die Verwendung des Handaufzugs war jedoch, einen „Dialog mit der Uhr“ zu schaffen. Genauer gesagt: die unnachahmlich sinnliche Empfindung beim Aufziehen der Krone.

Das Handaufzugswerk Cal. 9SA4 wurde auf der Grundlage des Cal. 9SA5 entwickelt.

Das Handaufzugswerk Cal. 9SA4 wurde auf der Grundlage des Cal. 9SA5 entwickelt. Nur Räderwerk und Unruh des 9SA5-Kalibers wurden wiederverwendet, etwa 40 % des Uhrwerks dagegen neu konstruiert. Da die Datumsanzeige wegfiel, wurde die Krone auf eine einstufige Zugkronenkonstruktion umgestellt und die Zifferblattseite flach gestaltet, wie man es von einem Handaufzugswerk erwarten würde.

Die manuelle Aufzugsfunktion, bei der die Triebfeder durch Drehen der Krone aufgezogen wird, bietet mehrere Vorteile. Zum einen kann das Uhrwerk flacher ausgelegt werden, da kein automatischer Aufzugsmechanismus vorhanden ist. Zum anderen fühlt sich der Vorgang des manuellen Aufziehens angenehmer und wertiger an. Bei einem normalen Uhrwerk mit automatischem Aufzug dreht sich der automatische Aufzugsmechanismus beim Drehen der Krone mit hoher Geschwindigkeit. Dadurch ist der Mechanismus anfälliger für Verschleiß und das Uhrwerk mutet ruckelig an. Deshalb bevorzugen einige Uhrenliebhaber Uhrwerke mit Handaufzug. Das haben auch bestimmte Nischenhersteller erkannt, die zusätzlich zu den Performance-Aspekten des Chronographen bei ihren Uhrwerken mit Handaufzug das Gefühl des Aufziehens in den Vordergrund stellen.

Auch bei der Entwicklung des Kalibers 9SA4 war ein gutes Aufzugsgefühl gefragt. Was ein gutes Gefühl ausmacht, ist jedoch von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Das Entwicklungsteam führte viele Diskussionen und kam schließlich zu dem Schluss, dass die meisten Uhrenliebhaber damit das charakteristische Klickgeräusch der Klinke assoziieren, wenn sie das Sperrrad überwindet. Die Hürden, um dies zu erreichen, waren jedoch extrem hoch.

Was dem Cal.9SA4 einen hervorragenden Aufzugskomfort verleiht, ist die gleitende Klinke, die wie ein Vogel geformt ist.

Was dem Cal.9SA4 einen hervorragenden Aufzugskomfort verleiht, ist die gleitende Klinke, die wie ein Vogel geformt ist. Beim Aufziehen der Krone gleitet die Klinke in den Eingriff mit den Zähnen des Sperrrads und kehrt durch Federkraft in ihre ursprüngliche Position zurück.

Die Triebfeder, die in einer mechanischen Uhr die Kraftquelle darstellt, befindet sich in einem Bauteil, das Federhaus genannt wird. Das Sperrrad ist an der Oberseite des Federhauses befestigt. Dieses überträgt nicht nur die Drehung der Krone auf das Federhaus, sondern greift auch in die Klinke ein, um zu verhindern, dass sich das Federhaus rückwärts dreht. Das von Uhrenliebhabern geschätzte „Klicken“ des Handaufzugswerks ist das Ergebnis des Kontakts zwischen Sperrrad und Klinke.

Cal.9SA4 hat zwei Federhäuser für lange Dauer.

Cal.9SA4 hat zwei Federhäuser für lange Dauer. Die Klinke ist gut positioniert, um den Raum dazwischen zu überbrücken. Bei Armbanduhren ist es üblich, dass die Klinke ihren Kopf um eine Achse schwingt. Bei diesem Modell jedoch schwingt die Klinke nicht nur ihren Kopf, sondern gleitet auch, was die für eine Grand Seiko typische hochwertige Haptik und Haltbarkeit bewirkt.

Um die Haptik des Aufzugvorgangs so einzigartig zu machen, mussten Design und Material der Klinke neu gedacht werden. Deshalb hat Yuya Tanaka, der das Uhrwerk entworfen hat, gleich vier verschiedene Klinkenmodelle in das Projekt eingebracht, darunter auch Prototypen. Denn bei einer Grand Seiko geht es stets darum, neben der Haptik auch das Uhrwerk und die Haltbarkeit zu verbessern und die Hürden somit sehr hoch zu veranschlagen.

Aufnahme eines Kronrads, das die Drehung der Krone auf das Federhaus überträgt, und eines Sperrrads, das die Drehbewegung auf den Lauf überträgt.

Aufnahme eines Kronrads, das die Drehung der Krone auf das Federhaus überträgt, und eines Sperrrads, das die Drehbewegung auf den Lauf überträgt. Zwischen dem Kronrad und dem Sperrrad wurde ein Zwischenrad eingebaut, da der Platz für ein normal dimensioniertes Kronrad nicht ausreichte. Durch die Überarbeitung des Mechanismus konnte jedoch die Anzahl der Aufziehvorgänge der Krone verringert und auch die Haltbarkeit verbessert werden.

Tanaka entwickelte aus diesen verschiedenen Modellen ein vollkommen neues, vogelähnliches Klinkenmodell, das in Kontakt mit dem Sperrrad gleitet. Allerdings musste das Design mehrmals überarbeitet werden, um die Haltbarkeit zu erhöhen.

„Wir haben die Klinkenfeder des 9SA4 so konzipiert, dass sie eine starke Kraft ausüben kann und das charakteristische Klicken in der Hand zu spüren ist.“ Das Uhrwerk wurde von etwa 50 Personen getestet und die Festigkeit der Teile verbessert, so dass es auch dem stärksten Aufziehen der Krone standhält.

Das Design der Krone wurde auch bei den mit Cal. 9SA4 ausgestatteten Modellen überarbeitet, um die Aufzugshaptik zu verbessern.

Das Design der Krone wurde auch bei den mit Cal. 9SA4 ausgestatteten Modellen überarbeitet, um die Aufzugshaptik zu verbessern. Eine größere Krone erleichtert das Aufziehen, erhöht aber die Belastung des Uhrwerks. Eine kleinere Krone verringert die Belastung, ist aber schwieriger aufzuziehen. Das Entwicklungsteam bat etwa 50 Personen, das Aufziehen der Krone zu versuchen, um die Kronengröße und andere Aspekte zu optimieren.

In echter Grand Seiko-Tradition wurden Klinke und die umgebenden Teile unter Berücksichtigung der in die Krone eingebauten wasserfesten Dichtung designt. Je dicker diese Dichtung gebaut wird, desto wasserfester ist sie, allerdings zu dem Preis, dass das vertraute Gefühl beim Aufziehen der Krone etwas verloren geht. Bei der Entwicklung der Klinke und ihrer Umgebung wurde daher auch auf die Haptik dieser Dichtung geachtet. Da die Krone nicht zu groß ausgelegt ist, wird außerdem die Belastung des Uhrwerks verringert und das Aufziehen der Triebfeder erleichtert. Unter Berücksichtigung der Größe der Krone wurden die Aufzugshaptik und die Haltbarkeit optimiert.

Neu gestaltete Gangreserveanzeige, die zur Verschlankung beiträgt

Das Cal. 9SA4 verfügt außerdem über eine zusätzliche Gangreserveanzeige auf der Rückseite des Uhrwerks. Dies ist ideal für Handaufzugswerke, bei denen die Triebfeder von Hand aufgezogen werden muss. Das Cal. 9SA5, auf dem es basiert, hatte jedoch zwei Federhäuser, so dass kein Platz für einen Mechanismus zur Anzeige der Gangreserve vorhanden war. Die Notwendigkeit, die Dicke des Uhrwerks zu verringern, erschwerte zudem die Verwendung einer Gangreserveanzeige.

Der Mechanismus der Gangreserveanzeige ist geschickt auf engem Raum untergebracht.

Der Mechanismus der Gangreserveanzeige ist geschickt auf engem Raum untergebracht. Die Erhöhung der Anzahl der Gänge verringert die Effizienz der Übertragung, aber durch die Überarbeitung des Zahnprofils des Gangreservezugs und die Verwendung kompakter Planetengetriebe konnten eine genaue Anzeige und ein hoher Wirkungsgrad erreicht werden.

Die übliche Methode, den Mechanismus der Gangreserveanzeige kompakt zu halten, besteht darin, große Zahnräder zu verwenden, um das Untersetzungsverhältnis zu erhöhen. Im Cal. 9SA4 ist jedoch kein Platz für große Zahnräder. Im Gegensatz dazu würde die Verwendung kleinerer Zahnräder die Anzahl der Zahnräder erhöhen und den Widerstand des Mechanismus vergrößern.

Dem Entwicklungsteam ist es gelungen, im zur Verfügung stehenden Platz eine hocheffiziente Gangreserveanzeige unterzubringen, indem der Raum nicht nur horizontal, sondern auch vertikal genutzt wurde und die Zahnräder ein eigenes Zahnprofil erhielten. Durch die Absenkung der Gangreserveanzeige um eine Stufe unter die Brücke konnte zudem die Zunahme der Werksdicke so gering wie möglich gehalten werden.

Das Kaliber 9SA4 wurde entwickelt, um so flach wie möglich zu sein, ohne die Haltbarkeit zu beeinträchtigen.

Das Kaliber 9SA4 wurde entwickelt, um so flach wie möglich zu sein, ohne die Haltbarkeit zu beeinträchtigen. Der Zeiger für die Gangreserveanzeige ist ein Hinweis darauf. Durch die Platzierung des Zeigers auf einer unteren Ebene wird die Dicke des Uhrwerks auf ein Minimum reduziert. So kann das Uhrwerk so nah wie möglich am Boden platziert werden.

Schlankes Uhrwerk mit Handaufzug und 10 Schlägen pro Sekunde für den täglichen Gebrauch.

Das Kaliber 9SA4 wurde nicht nur für hohe Leistungen, sondern auch für den „Dialog mit der Uhr“ konzipiert. Auf den ersten Blick scheint das neue Hi-Beat-Handaufzugswerk für Uhrenliebhaber gedacht zu sein. Das Entwicklungsteam ist jedoch nie vom Prinzip eines Uhrwerks für den täglichen Gebrauch abgewichen. Das Gehäuse ist weniger als 10 mm dick, weil das Werk so dünn wie möglich gemacht wurde. Auch die lange Gangreserve von rund 80 Stunden macht es für eine Handaufzugsuhr außergewöhnlich benutzerfreundlich. Der vom Cal. 9SA5 geerbte Mechanismus verlieh dem Cal. 9SA4 natürlich eine ganz andere Leistung als der gewöhnliche Handaufzug.

Einer der Vorteile von Uhrwerken mit Handaufzug besteht darin, dass durch das Fehlen eines Rotors das gesamte Uhrwerk durch einen durchsichtigen Boden betrachtet werden kann.

Einer der Vorteile von Uhrwerken mit Handaufzug besteht darin, dass durch das Fehlen eines Rotors das gesamte Uhrwerk durch einen durchsichtigen Boden betrachtet werden kann. Um dies zu unterstreichen, sind die Brücken, die die Zahnräder und andere Teile des Uhrwerks tragen, fließend gestaltet, und die Oberfläche hat ein sehr flaches, gewelltes Shizukuishi River-Finish. Bemerkenswert sind auch die roten Lochsteine, die den Widerstand der Zahnräder und anderer Teile verringern. Die dreidimensionalen Lochsteine sind von einer für Serienmaschinen ungewöhnlich hohen Güte.

Handaufzugswerke waren und sind natürlich immer noch ein Nischenprodukt. Das Cal. 9SA4, das Einzigartigkeit, hohe Präzision und große Zweckmäßigkeit miteinander verbindet, könnte diesen Umstand jedoch ändern. Uhrenliebhaber und alle, die auf der Suche nach einer superschlanken, alltagstauglichen Dress Watch sind, sollten sich daher den Namen Cal. 9SA4 gut merken.